Vom 28. bis 29. Mai fanden in ganz Österreich die Architekturtage 2010 statt. In Wien Favoriten wurden im Rahmen zweier Führungen drei beeindruckende Bauvorhaben am Monte Laa präsentiert: der neu errichtete Campus Monte Laa, die zukünftigen Preyer´schen Höfe und die Nachnutzung der historischen Ankerbrot-Fabrik.

Campus Monte Laa

Den Auftakt der Architekturtage machte am 28. Mai die erst kürzlich in Betrieb genommene Campusschule Monte Laa, ein Pilotprojekt der Stadt Wien. Vertreter von AN_architects und 3:0 Landschaftsarchitektur führten durch das Gebäude und erzählten Wissenswertes über den Stahlbetonbau und seine Freiräume.

Im Campus Monte Laa treffen Kindergarten und Schule aufeinander. Kinder von 0 bis 10 Jahren werden hier tagsüber betreut und machen teilweise auch gemeinsame Projekte. Das Gebäude ist mit sehr viel Glas durchzogen. Das zeugt nicht nur von viel Licht und Offenheit, sondern ermöglicht besonders im Kindergartenbereich im Rahmen der Aufsichtspflicht auch eine bessere Bewegungsfreiheit der Kinder und regen Austausch zwischen den Gruppen. Im Gebäude verteilt finden sich auch Kuschelecken und Essensbereiche. Zur besseren Orientierung der Kleinen sind immer wieder unterschiedliche Farbgebungen in den Gängen zu finden. Im Kindergartenbereich wurde auf Eigeninitiative der Architekten eine 140m² große Tapete bei einem Stiegenaufgang angebracht, deren Design aus zahlreich von Kindern eingesendeten Zeichnungen gestaltet wurde.

Das Gebäude verfügt im Schulbereich über zwei große Turnsäle, die ebenfalls durch große Fensterflächen großzügig belichtet werden. Durch die bestehende Trennwand in einem der Turnsäle können diese bei Bedarf von insgesamt drei Klassen gleichzeitig benutzt werden. Die Turnsäle sind ebenso dem Kindergarten als auch Vereinen für Veranstaltungen zugänglich und werden ausgiebig genutzt, die vorhandene Tribüne bietet im Bedarfsfall Platz für 300 Personen.

Ein Geschoß befindet sich unterirdisch, weshalb auch die erlaubte Gebäudehöhe unterschritten werden konnte. Die Außenfassade verfügt über automatisierte Jalousien, die jedoch auch manuell gesteuert werden können. Eine Herausforderung für die Architekten waren unter anderem die Quellen Monte Laa´s, die zu Zeiten Prinz Eugen´s das Schloss Belvedere gespeist haben.

Im Schulbereich findet sich ein von Glas umhüllter Innenhof, der als japanischer Garten ausgestaltet ist und einen ruhigen und zentralen Bereich mit sehr viel Lichteinfluss bietet. Weitere Freiräume bilden die Spiel- und Gartenflächen für den Kindergarten und die Schule als auch die höher gelegene Sportanlage, die zugleich auch als Pausenfläche genutzt wird und über eine große Freitreppe mit den unteren Grünflächen verbunden ist. Lamellendächer auf der Terrasse und im Gartenbereich des Kindergartens sorgen für optimale Beschattung.

“Architekturtage gehen VOR ANKER”

Die Veranstaltung am 29. Mai gliederte sich in zwei Teile: Zuerst erfolgte eine Führung durch die ehemalige Ankerbrot-Fabrik, danach ging´s weiter zum Gottfried von Preyer´schen Kinderspital sowie der dazugehörigen Ausstellung in der Gebietsbetreuung.

Nach einer kurzen Begrüßung durch die Gebietsbetreuung führte Herr Ing. Asmus, Geschäftsführer der City Loft Art GmbH durch die ehemalige Ankerbrot-Fabrik, die sich derzeit als große Baustelle präsentiert.

Lofts in der Ankerbrot-Fabrik

Hinter den alten Gemäuern steckt ein gutes Stück Geschichte mit großen Dimensionen: Nach der Gründung von Ankerbrot wurde 1891 der erste Teil der Fabrik gebaut. Rund drei Jahrzehnte später wurde die Fabrik auf das ca. Doppelte vergrößert. In der Vergangenheit wurde sodann immer wieder teilweise nachgebessert, dazu und umgebaut. So sind beispielsweise großteils alte Fenster und Glasflächen zu sehen, während sich in anderen Gebäudeteilen Fenster aus den 60ern finden. Die Gebäude weisen insgesamt eine sehr gute Stabilität auf. Aufzeichnungen zufolge wurden im Jahre 1925 rund 150.000 kg Getreide pro Tag verarbeitet. Während heute in sämtlichen Bäckereien & Co nur noch mit fix fertig angeliefertem Mehl produziert wird, wurde damals Getreide geliefert und sämtliche Arbeitsschritte direkt in der Fabrik durchgeführt. So finden sich in der Ankerbrot-Fabrik je nach damaliger Nutzung unterschiedliche Bereiche, deren bauliche Beschaffung auch für die zukünftige Nutzung vorteilhaft genutzt werden kann. Die Gebäude stehen teilweise, der alte Getreidespeicher komplett, unter Denkmalschutz. Im Südteil des Areals produziert Ankerbrot derzeit rund 180.000 Stück Brot pro Tag und ist damit nicht nur ein wirtschaftlich wichtiger Faktor, sondern auch auf Grund der historischen Entwicklung eng mit dem Bezirk Favoriten verbunden. Aus den nicht mehr in Verwendung befindlichen alten Gemäuern entstehen zukünftig „Lofts“, die vor allem von Künstlern je nach deren Bedürfnissen ideal genutzt werden können.

An dem Projekt sind drei Baufirmen beteiligt, die hinter der Loftcity GmbH & Co KG stehen. Es handelt sich dabei um die City Loft Art GmbH, Groh-Wagner Architekten und sowie Bau & Wert GmbH & Co KG. Die Loftcity GmbH & Co KG hat einen Teil des Geländes Anfang 2009 gekauft und die Gebäude so vor dem Abriss bewahrt. Die Firma bemüht sich um die historische Aufarbeitung und die damit verbundene bestmögliche Erhaltung der Bauwerke. Sofern möglich wird daher mehr von den alten Gemäuern bestehen bleiben als es der Denkmalschutz vorschreibt. Die Liebe zum Detail zeigt sich auch in einem über einhundert Jahre alten hölzernen Lastenaufzug an der Außenfassade, der aus Sicherheitsgründen nicht mehr benutzt werden kann aber als ein Stück Geschichte erhalten bleiben soll. Ein weiteres bauliches Juwel ist die sogenannte Expedit-Halle. Diese ist rund 2100m² groß und war im Jahre 1910 die größte stützenfreie Halle Europas. Mit ihren drei Lichtschleusen wird die Halle vom Sonnenlicht ideal belichtet. In der Expedit-Halle soll zukünftig Kulturbetrieb ermöglicht werden, bis zu 499 Personen können dort Platz finden. Bereits heute wird die Halle von einem Maler zur Fertigstellung seines Großgemäldes genutzt.

Seitens Loftcity GmbH werden sämtliche Leitungen und die Haustechnik neu errichtet. Allgemeine Bereiche wie Fassaden, Stiegenhäuser, Innenhöfe etc. werden ebenfalls zur Verfügung gestellt. Das Innenleben der Lofts können sich die späteren Eigentümer, die die Vielfalt aus Kunst und Kultur (Künstler, Maler, Musiker, Theater, Film, etc.) widerspiegeln, individuell und je nach Bedarf und Wunsch gestalten. Wohnungen können auf dem Areal auf Grund der industriell-gewerblichen Widmung keine entstehen, es handelt sich daher zukünftig um einen Ort der künstlerischen Entfaltung. Je nach Entwicklung könnte sich in Zukunft eventuell auch ein Kaffeehaus sowie ein Restaurant am Areal befinden. Bereits jetzt sind ca. 35% der Lofts verkauft.

Seitens der zahlreichen Teilnehmer wurden die Bestrebungen und Bemühungen der Loftcity GmbH um den bestmöglichen Erhalt der historischen Gebäude äußerst positiv aufgenommen.

Preyer´sche Höfe – Nachnutzung des Areals des Preyer´schen Kinderspitals

Im Anschluss an die Besichtigung der Ankerbrot-Fabrik gaben Ing. Schuller von der Gebietsbetreuung Favoriten und DI Sima von der Stadtentwicklung einen Überblick über die Entstehung und die Geschichte des Preyer´schen Kinderspitals. Gottfried von Preyer war ein Komponist, der mit seinem Tod 1901 sein Vermögen der Stiftung des Preyer´schen Kinderspitals vermachte. 1905 startete der Bau, das Kinderspital wurde 1908 fertiggestellt. Da das Stiftungsvermögen damit rasch aufgebraucht wurde, wurde das Kinderspital erst mit Verzögerungen 1915 in Betrieb genommen. Zur Zeit der Errichtung gab es um das Spital herum nur Grünflächen, die ersten Häuser die man sehen konnte waren erst jene an der Favoritenstraße. Ausgehend vom Eisenstadtplatz wurde Ende der 50er-Jahre mit der Bebauung in der Umgebung begonnen. Rund um das Areal des Preyer´schen Kinderspitals finden sich heute die unterschiedlichsten Bebauungsformen. Da das moderne Mutter-Kind-Konzept in den Gebäuden nicht umsetzbar ist, siedelt das Preyer´sche Kinderspital um.

Für die zukünftige Bebauung und Nachnutzung des Areals wurde ein städtebaulich-architektonischer Wettbewerb durchgeführt, bei dem sechs Projekte eingereicht wurden. BWM Architekten und Idealice Landschaftsarchitektur haben diesen mit ihrem durchgängigen und barrierefreien Konzept gewonnen. In der Ausstellung der Gebietsbetreuung können nicht nur das Siegerprojekt dieses Wettbewerbs, sondern auch die restlichen Ideen angesehen werden. Auf einer Gesamtlänge von rund 300m war eine Steigung von 12m und der weitestmögliche Erhalt des Baumbestandes zu berücksichtigen. Zukünftig werden dort hauptsächlich Wohnungen, aber auch andere Nutzungsmöglichkeiten geschaffen werden. So sind  unter anderem auch ein Kindergarten für rund 95 Kinder, Mietergärten sowie Einzelhandelsflächen an der Laaer-Berg-Straße vorgesehen. Unter dem Motto Generationenwohnen und –bauen werden Gebäudeteile teils so konzipiert, dass betreutes Wohnen auf Wunsch jederzeit möglich wäre. Das Areal wird mit drei Zufahrten zu teils zweigeschößigen Tiefgaragen versorgt. Mit einem Baubeginn ist frühestens in zwei bis drei Jahren zu rechnen.

Sowohl bei der Führung durch die ehemalige Ankerbrot-Fabrik als auch der Vorstellung der zukünftigen Preyer´schen Höfe wurde seitens den Teilnehmern die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz kritisiert. Dieses Problem soll mit der Verlängerung der U1 sowie Überlegungen zur Verlängerung und Verlegung von Straßenbahnlinien gelöst werden.

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